Spaziergänger und Radler im Günztal kennen sie längst – die freundlichen braunen Rinder auf den Naturschutzflächen. Doch hinter dem idyllischen Bild Allgäuer Weidewirtschaft mit Original Braunvieh steht bei der Günztal-Stiftung ein lange diskutiertes Konzept. Einer der Vordenker ist und war German Weber, der stellvertretende Stiftungs-Vorstand.
Landwirtschaft als Ausgleich
Der im Unterallgäuer Buxheim aufgewachsene German hat ganz privat ausdrücklich Spaß daran, Rindviecher von Weide zu Weide zu treiben – eine gute Motivation für den 1968 geborenen Studiendirektor und Lehrer am Bernhard-Strigel-Gymnasium in Memmingen. Wöchentlich mehrere Stunden seiner Freizeit widmet er vor allem den Tieren und findet so auch körperlichen und seelischen Ausgleich zum Beruf.
Die Liebe zur Natur wird ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Schon mit Mama und Papa, einer Krankenschwester und einem Maschinenbauer, verbringt der junge German viel Freizeit in der Natur und in den Bergen. So entwickelt sich seine Neugier „zu allem, was kreucht und fleucht“ oder der schon in der Kindheit erlernte Respekt vor allen Lebewesen. Die Vielfältigkeit der Natur und die Freude daran, Wissen weiter zu geben, stehen letztlich hinter seiner Entscheidung, Biologie mit Schwerpunkt Vegetation fürs Lehramt zu studieren, kombiniert mit Chemie.
In Memmingen im Klassenzimmer, im Günztal an der frischen Luft. German Weber ist hier oft bei ganz praktischen, landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu beobachten: zum Beispiel mit der traditionellen Handsense beim Ausmähen und Versetzen von Zäunen (eine schon angebotene Motorsense weist er zurück), beim Versetzen von Zäunen, auch mal bei der Heuernte auf dem Traktor des Rothach-Hofes oder mit einer Herde auf dem Weg zur nächsten Weidefläche. Dafür hat er sogar einen Kurs für stressfreies „Treiben“ besucht und gelernt, wie man sich einer Kuh, bzw. Herde nähert, ohne dass sie sich bedrängt fühlt, bzw. in die unerwünschte Richtung ausweicht. „Seine Mädels“ sind ihm nach den vielen Jahren auch allesamt ans Herz gewachsen und – muss eine davon das Günztal leider verlassen- nimmt German eine Reise gerne in Kauf. Schließlich möchte er sich von ihren zukünftigen Lebensbedingungen gerne selbst ein Bild machen.
Kontakt mit bodenständigen Menschen
Ein enormes Fachwissen für die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Günztal-Stiftung bringt German Weber zweifellos mit. Dazu kommt der innere Wille, das theoretische Wissen praktisch anzuwenden und regelmäßig zu erleben, am Abend „etwas Sichtbares geschafft zu haben“. Wichtiger als die politische Tätigkeit z.B. im Stiftungsvorstand wertet German für sich die regelmäßigen Begegnungen mit bodenständigen Menschen wie Bäuerinnen und Bauern, aber auch mit Fachleuten verschiedenster Art aus Landwirtschaft oder Naturschutz.
Die Stiftung selbst sieht als ihren Vorteil, dass die Flächen durch die beteiligten Landwirte und die Rinder auf einem Niveau gepflegt werden, „wie wir das selbst nicht hinkriegen würden“. German Weber sieht nach rund einem Jahrzehnt Erfahrung mit dem Günztal-Weiderind-Projekt die Beweidung als ein vernachlässigtes Schlüsselinstrument im Naturschutz. Er geht davon aus, dass Forschungsprojekte in den kommenden Jahren eine vielfältige Entwicklung von Fauna und Flora auf den Weideflächen nachweisen werden und dass die Beweidung letztlich „die angestrebte genetische Vielfalt sehr stark fördert“. Die zahlreichen ehrenamtlichen Stunden zahlen sich also aus.